Der echte Dichter

 

(Wie man sich früher ihn dachte)

Ein Dichter, ein echter, der Lyrik betreibt,
Mit einer Köchin ist er beweibt,
Seine Kinder sind schmuddelig und unerzogen,
Kommt der Mietzettelmann so wird tüchtig gelogen
Gelogen, gemogelt wird überhaupt viel,
"Fabulieren" ist ja Zweck und Ziel.

Und ist er gekämmt und gewaschen zu Zeiten,
so schafft das nur Verlegenheiten,
Und ist er gar ohne Wechsel und Schulden
Und empfängt er pro Zeile `nen halben Gulden,
Oder pendeln ihm die Orden am Frack hin und her,
So ist er kein Dichter mehr,
Eines echten Dichters eigenste Welt
Ist der Himmel und - ein Zigeunerzelt.

 

Theodor Fontane: Gedichte (Reclam), Seite 89