Leseprobe:



Rainer Daus


Ich lernte sie kennen


Ich lernte sie kennen
im Wellenfreibad
der Stadt.

Zuerst war es Sex.
Dann war es Liebe.

Später wollte sie ein Kind von mir.
Aber ich wollte kein Kind von ihr.

Dann war sie plötzlich weg.
So ein Dreck.



Realismus


Die Müllmänner kamen
mit ihrem grünen Lastwagen und
holten die gelben Säcke ab.

Es war Mittwoch,
kurz vor elf,
draußen böiger Wind aus Nordost,
24 Grad,
wolkenlos.

Und während ein Mann
die Säcke einsammelte
im Laufschritt und
sie hinten reinwarf in den Müllwagen
mit Schwung,
lehnte der Fahrer lässig
in seinem Führerhaus,
hatte die Scheibe runter,
hörte Musik von Ozzy Osbourne.
Ich fragte ihn,
wie lange er diesen Job schon mache.
» Schon immer«, sagte er.
Und wie lange er diesen Job
noch machen wolle.
» Bis es nicht mehr geht.«
» Und dann?«
» Krebs kriegen, Krematorium, Urne, aus.
Wie das eben so läuft im Leben.«
Sagte er,
zuckte mit den Schultern,
legte den Gang ein
und fuhr wieder los
mit seinem grünen Müllwagen.



Pumpernickeltango


Auch ein Dichter ist
nicht frei.
Noch nie gewesen.
Das Korsett: die Sprache.
Die ist ihm vorgegeben.
Was gilt und verstanden wird,
steht im Duden.
Zum Beispiel.
Das ist der Rahmen.
Das ist die Zelle.
Nur manchmal,
da bricht er einfach aus.
Wird zum Kind.
Und erfindet Wörter,
die es nicht gibt:
Pumpernickeltango.
Schlundkastengummi.
Krötengaszerstäuber.
So was eben.
Spiel mit Sprache,
minutenlang,
einfach so,
weil es anders
manchmal nicht auszuhalten ist,
das Leben,
das die Norm definiert.