Leseprobe

 

Martin Westenberger



damals, im süden

blaue tonnen, von
weiß geblendet,
sonnendraht,
wassernetz.

kalksteine
ohne zahl,
weiter in
staubigen schuhen.

versprechen von
seetang,
benetzung der haut.

strenge archäologie,
gesang zwischen
den sonnenständen.

gleiten über die
vorhaben der zeit,
alles, was keinen
namen mehr trägt.


dein liebeswahn


gib mir
deinen liebeswahn,
es ist auch meiner,
er beginnt mit
glutaugen
in den seelengrund,
dann
liebemachen
bis zur basis
unserer steinzeit.

naturgemäß
können wir uns einen
ballern u. in
stiller ekstase
aus dem leben gehen,
weil der rest
ohnehin
nur nachspiel
sein wird.

dein werk,
mein werk,
lächerlich,
ohne bedeutung.

gemeinsam
vergessen,
du auf dem altar,
ich irgendwo,
wo immer wir sind,
einen moment lang
haben wir uns
gesehen.

bah,
fußgängerzonen,
endlose gespräche über
anschaffungen,
freizeitplanung u.
altersvorsorge,

alles verbrannt
von deiner heiligkeit.


uninformiert in uniform


liebling, da die zeit
nichts kennt,
als uns zu täuschen,
lass uns in den warteraum
des bahnhofs gehen.

der mann in uniform
hat seinen stempel
schon gegeben,
immer sitzt er bei uns,
zeigt freundlich seine zähne,
aber sagt nichts.

schön, seine hellblaue
uniform, schön sein
stempelgerät.

alles, was wir notieren,
wird von seinem konzentrierten
blick verfolgt.

wir müssen genau sein,
wenn wir festhalten,
was gesagt wurde.
bei jeder frage
schüttelt er den kopf
mit mütze.

jetzt sprichst du
den titel aus.

beim verlassen des warteraums
stempelt er noch einmal
unsere zeit:
nichts verloren.
siehst du,
so geht das.