1. Platz
Hans-Jürgen Teßnow
Eine Adventsgeschichte (Auszug)
Die Kerzen waren angezündet, der Kaffee duftete, nur Miriam fehlte
noch. Im nächsten Moment huschte sie entschuldigend und so lebhaft
gestikulierend, wie eben nur meine temperamentvolle Frau es kann, an
mir vorbei Richtung Bad. Eine Viertelstunde später kam sie an den
gedeckten Tisch, ihre Haare glänzten in der durch die Fenster einfallende
Morgensonne, das Licht schmeichelte ihrem Teint, aber sie hatte noch
immer, besser gesagt wieder ihren geblümten, seidenen Pyjama an.
Sie sah hinreißend aus, insbesondere, wenn sie so entwaffnend lächelte.
Ich schenkte ihr einen Kaffee ein und erfreute mich an ihrem Anblick,
es schien, als hätte ihr Zeit gefehlt, um sich wirklich gründlich
abzutrocknen, die Pyjama-Jacke klebte stellenweise an ihrem Oberkörper
und ich konnte mehr als erahnen, daß ihre Unterwäsche noch
vollzählig im Kleiderschrank lag. Miriam hatte seine verstohlenen
Blicke längst registriert, wohlig
durchfloß das wunderbare Gefühl ihren Körper, auch
nach zehn Jahren Ehe noch mehr als begehrenswert zu erscheinen. „Keine
Angst, ich ziehe mich später an“ - „Von mir aus könntest
Du ruhig so bleiben“ antwortete ich.
Es knisterte in der Luft, aber ich verabschiedete mich gleich von dem
Gedanken, soviel Zeit wie sich meine Sehnsucht erhoffte, bliebe uns
an diesem Morgen nie. Miriam las meine Gedanken und sagte zärtlich: „Nicht
traurig sein, mein Liebster.“
Dabei beließ sie es, ich konnte keinen Hoffnungsschimmer am Kuschelhorizont
finden. Wir frühstückten zügig, denn das bevorstehende
Tagesprogramm raubte uns, insbesondere mir, die Gelassenheit. Miriam
stand auf, kam zu mir, drückte mir flüchtig noch einen Kuß auf
die Stirn und verschwand ins Schlafzimmer. Ich räumte leicht zerknirscht
den Tisch ab und ging ins Bad, um mich zu rasieren, die Zähne zu
putzen und ausgehfertig zu werden. Meine Lust auf die Gesellschaft ihres
Bruders sank empfindlich unter Null, aber aus Liebe zu Miriam wollte
ich mich fügen. Ein paar Minuten später hatte ich Schuhe und
Jacke an, die Zeit drängte jetzt, denn die Fahrt zu Mario würde
mindestens eine Stunde in Anspruch nehmen, wenn wir denn gut durchkämen.
Meine Unruhe steigerte sich, keine Spur von Miriam. Nervös ging
ich auf dem Flur hin und her, ich hörte im Geist schon die Sprüche
von Super-Mario, wenn wir uns verspäten würden.
Miriam hatte sich derweil die vorsortierten Kleidungsstücke aus
dem Schrank genommen. Sie zog den Pyjama aus und musterte sich kurz im
großen Spiegel des Schlafzimmers. In aller Ruhe zog sie sich Häppchenweise
an, unterbrochen von prüfenden Blicken in den Spiegel. Heute fühlte
sie sich ausgesprochen wohl in ihrer Haut. Miriam trat an die Tür
und lauschte. Wie vermutet, dachte sie, als sie Arnes unruhiges Getrippel
hörte. „Arne, ich brauche noch ein paar Minuten, könntest
Du vielleicht im Keller noch die 40°C Wäsche anstellen? Allerdings
mußt Du sie erst noch sortieren.“ Er bejahte mit leicht genervtem
Unterton, und als sie seine festen Schritte auf der Kellertreppe hörte,
lief Miriam auf Zehenspitzen schnell vom Schlafzimmer am Kellereingang
vorbei ins Bad. Sie putzte sich rasch die Zähne.
Mehr braucht es nicht, da bin ich sicher, sagte sie sich vor dem Badezimmerspiegel
stehend, als sie sich die Konturen ihrer vollen Lippen mit einem dunkelroten
Lippenstift nachzog. Zufriedener Miene verließ sie das Bad und
nahm ihre neuen Stiefel aus dem Schuhschrank im Flur. Sie schlüpfte
hinein und zog die langen Reißverschlüsse bedächtig
hoch.
Noch ein Kontrollblick in den Spiegel des Flurs. Ja, perfekt, dachte
sie und schmunzelte. Zwei Minuten später kam Arne aus dem Keller.
Als er Miriam nahe der Haustür stehen sah, verwandelte sich sein
griesgrämiger Gesichtsausdruck schlagartig, er bekam große
Augen, sein Blick drückte gleichsam Erstaunen und Bewunderung
aus.
Es verschlug mir buchstäblich die Sprache, ich wußte nicht,
wohin ich zuerst schauen sollte. Jeglicher Anflug von Zorn wegen der
zu befürchtenden Verspätung löste sich in Luft auf. Mir
war es buchstäblich von einer Sekunde auf die andere vollkommen
egal, denn ich wußte die bezauberndste aller Frauen an meiner
Seite.
Miriam amüsierte sich über Arnes Verwunderung und genoß die
Blicke, der er über ihren Körper gleiten ließ. Nach einer
Weile fand er seine Sprache wieder: „Und wir fahren jetzt zu Mario,
nicht wahr?“ Miriam zögerte einen Moment und ließ ihn
vorerst in seinem Glauben. „Du siehst…“ setzte er an,
aber Miriam tat einen Schritt auf ihn zu und hielt ihm den rechten Zeigefinger
auf den Mund. „Schsch“ sagte sie und schaute tief in seine
Augen. „Ich habe es mir anders überlegt. Wir bleiben hier,
aber hör’ mir jetzt bitte genau zu.“ Arne blickte irritiert. „Hab’ keine
Angst“ versuchte sie ihn zu beruhigen.
Ich hatte keinen blassen Schimmer, worauf sie hinauswollte und wartete
ab, was jetzt wohl käme. „Ich werde jetzt in die Küche
gehen und uns ein paar Plätzchen backen. Du darfst mir gerne dabei
zusehen, und wenn ich Dich um etwas bitte, mir diesen Wunsch auch erfüllen,
aber eins ist mir wirklich wichtig, Du darfst mich weder stören,
ablenken, oder irgend etwas von Dir aus unternehmen, sei einfach ein
braver Junge und folgsam.“ Jetzt war ich vollkommen verwirrt: “Aber…“ setzte
ich an, aber erneut unterbrach sie mich, dieses Mal etwas energischer:„Schsch.
Sei jetzt bitte still.“ Dann in sanftem Tonfall: “Du darfst
gerne etwas Musik anstellen, Soul wäre fein. Was Du wählst,
bleibt Dir überlassen.“ Miriam ging an mir vorbei, ich stand
noch eine Weile erstarrt wie eine Salzsäule im Flur und schaute
ihr hinterher. Als sie um die Ecke bog und in Richtung Küche verschwand,
begann ich langsam zu begreifen, daß sie es ernst meinte. Ich zog
die Schuhe aus, hängte meine Jacke wieder an die Garderobe und ging
zum CD-Player. Kurzerhand entschied ich mich für eine Soul Kompilation
aus den 70ern und stellte die CD an. Ich konnte bereits hören, wie
Miriam Schranktüren öffnete und wieder schloß. Anscheinend
wollte sie tatsächlich Plätzchen backen. Ich ging in die Küche,
wo Miriam eifrig mit Vorbereitungen beschäftigt war, aber keine
Notiz von mir nahm. Gerade nahm sie einen Maßbecher in die Hand
und schüttete Zucker hinein. Seltsam, dachte ich, da steht meine
Frau und backt, gekleidet ist sie aber für eine Cocktailparty oder
den Besuch einer berühmten Ausstellung.
2. Platz
Kirsten Eh
märcollagerotikchen
heute nacht bist du
hans im glück denn
ich spiele mit dir
schneerot und
rosenweisschen rütteln
werde ich das baeumchen
schütteln bis sich gold und
silber werfen warum hast du
so grosse augen meine
ä
pfel sind alle
miteinander reif knusper
knusper knäuschen wer
knuspert an meinem
rucke die guh, rucke die
was du versprochen
hast must du auch
halten rapunzel
rapunzel lass dein
haar herunter knüppel
aus dem sack sesam
öffne dich arme jungfer
zart an einer spindel
stechen und ach
wie gut dass
niemand weiss
wer aus mir
trinkt wird ein
wolf
3. Platz
Ansgar Jünger
Grapefruit
Wie eine Pampelmuse
hab´ ich sie filetiert,
entfernte ihre Bluse,
sie hat sich nicht geniert.
Ich zog ihr Hemd und Höschen aus,
sie hat sich nicht gewehrt,
rieb ihre roten Röschen raus.
Sie hat sie mir beschert.
Hab´ vor dem Haut-Einritzen
sie etwas aufgebogen
und mit den Fingerspitzen
die Haut ihr abgezogen.
Hab´ sie in rosa Scheiben
mir selber dann serviert.
Es wird nichts übrigbleiben.
Ich hab´ davon probiert.
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