Die
Gewinnergedichte des "Lyrikwettbewerbes 2015"
1. Preis
Kurt Bott
Meine Windmühlenjahre
neunzehn an der Zahl
und zum Schluss ein Lachsack
als wir auszogen
meine schwatzhaften ersten Jahre
und der Versuch
besser zu gehorchen
Zeit der Blässe und Träumereien
zu wenig Beteiligung am Unterricht
zu wenig begeisterungsfähig
die Ausbilder und die Wahrheitslehrer
Bombenkrater
und Spielplätze mit Rattenfallen
Pfeil und Bogen und Blasrohre
und immer wieder Feuer
und nebenan der Schrotthändler
der wusste nichts von einem
rückläufigen Merkur
oder von Martyrien auf Heimwegen
ü
berwältigt von den Freiheiten
eines Nachmittags
der nie zu Ende ging.
2. Preis
Barbara Gregor
Schwarz. Immer
die Stunde vor der Nacht
unruhige Monde häuten
die Wasser und weißer Wind
der einzig Schattenlose streift
durch die verlassenen Körper der Frauen
zwischen unseren Fingern
spreizt sich die Zeit zieht
uns in ihr Gehölz
Ströme eisgrau wärmen Worte
mit verbotenem Mund
da sprichst Licht ins Haar mir du
3. Preis
Peter Frank
Kubanische Dämmerung II
Ventilatoren,
langsam wie der
Rum,
für immer
kreisend in den
Seelen,
einsam
wie die Erde,
der Trotz Kubas.
Theorie
in analogen
Hörsälen.
Doktorgrade
der
Rikschafahrer.
Ernesto Rafael
Guevara de la Serna -
ein Kühlschrankmagnet.
Auf den Straßen
junge Frauen in
red, white & blue.
Zwischen
den Rufen der
Avocadoverkäufer,
den suchenden
Fingern der
Flaschensammler,
versinken die
blauen Flossen der
Cadillacs,
wachsen
Hotelketten wie
Karzinome.
Hier,
im Hinterhof,
ein neues Mallorca,
neunzig
Meilen von Miami,
in der
Stunde null
vor
Starbucks.
Todos
somos
americanos.
4. Preis
Wolfgang Mach
Ferne Tage auf dem Müll
windschiefe Wörter
schleichen
ü
ber Blech, Plastik, Schutt
es weht der Geruch von Unrat
heuschreckengleich
deponiert in Produktruinen
verfallen im Datum
verbrauchte Freude
erzählt von
weggeworfenen Episoden
geplatzte Reliquien
tummeln sich auf Barrikaden
zerstörte Erlebnisse stapeln
abgetragene Erinnerungen
an der Klagemauer des Überflusses
Fetzen von entsorgtem Kapitalismus
spiegeln sich im Sound des Abfalls
in den
Endmoränen des Konsums
5. Preis
Hanna Fleiss
Griechische Tage
Sommer, und grauer Himmel
ü
ber den Dächern, Melancholie in den
Stimmen der Straßen, wir hoffen
noch gegen jede Vernunft.
Dem Tode geweiht, schweigt
ein Volk, seine friedsame Ungeduld
ü
bersteigt einsehbare Grenzen,
Menschen ertragen sehr viel.
Wir unterm Dröhnen der
Zeitungslettern verleugnen uns,
ob hierorts oder anderswo, unsere Sinne
gefangen im Netz ihrer Lügen.
Sommer, wechselndes
Mittagslicht in den Augen der Mädchen,
die Weltszenerie unwirklich
und wirklich zugleich.
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